Freitag, 22. September 2006

Mein ZIMMER und DAS LEBEN im Wakeijuku

Im West Dormitory gibt’s ca. 90 Japaner (von ca. 100), und ständig, wenn einer dem anderen begegnet, grüßen sie sich: “Chuaa”, “Chuaa” geht’s den ganzen Tag. Das ist eine Kurzform von “Konnichiwa” - doch wir Ausländer sollen lieber schöner sprechen. Sogar in der Dusche (im Nebengebäude…) hört man immer wieder diesen Chor, wenn einer neu zu den ca. 15 Duschplätzen hereinkommt. Ich bin gerade dabei, mir das Duschen im Sitzen anzugewöhnen, wie es die Japaner tun - auf einem Hocker, in aller Ruhe. Und natürlich grüße ich sie auch ständig und beuge den Kopf, und ab und zu werde ich in ein Gespräch mit ihnen verwickelt - meistens, wenn ich eine Frage stellen möchte. Diese ca. 20-jährigen sind dann alle außerordentlich freundlich, doch es macht mich ein wenig traurig, dass ich nicht so leicht mit ihnen in wirklichen Kontakt komme. Weil sie immer miteinander etwas machen. Nur einmal am späten Abend hat mein Zimmer-Nachbar mit mir beim Zähne Putzen zu reden begonnen, und ich wusste lange nicht, worum es ihm geht und was er möchte.. Dafür skype ich neuerdings mit Daniel von einem Gebäude ins andere :-)

Also, MEIN ZIMMER, in dem ich mich wohl fühle, ist im 1. Stock und ist ca. 3 mal 4,5 Meter groß, und es gibt ein ziemlich normales (aber hartes) Bett und sogar eine (alte, funktionierende) Klimaanlage mit Fernbedienung..

..meine Fenster sind ein bisschen verrostet und wahrscheinlich 50 Jahre alt, so wie das ganze Haus…

..Blick auf den Gang (mit vielen Schuhen vor den Türen, da Japaner damit kein Zimmer betreten) und aus meinem Zimmerfenster..


..und so niedrig sind mein Türstock und meine Tür, dass ich oben anstoße und mich deshalb duckend, wie aus einer Höhle, heraus- und herein begeben muss! Inzwischen sind mir in meinem Zimmer auch schon ein Tausendfüßler und eine riesige schwarze Spinne begegnet.. Doch an diese Tiere hab ich mich schon gewöhnt, so wie an die grillenartigen Zikaden, die ich von draußen immer hören kann. Und nicht zu vergessen: Ich habe hier auch Internet, von der ersten Stunde an! Einfach das Netzwerkkabel anstecken, ganz unkompliziert, ohne irgendeine Anmeldung oder Registrierung. Um weniger als 10 Euro im Monat..

SUGOI !!! …was da im Wakeijuku passiert!!! Fantastisch! Jetzt wurde ich eingeladen, nach dem Abendessen mit zum Tischtennis-Wettkampf im Keller/Turnsaal des Tatsumi-Gebäudes zu kommen: East Dormitory gegen West Dormitory..

Die Spieler und die meisten Mitbewohner standen alle auf ihrer Seite des Tisches hinter den Spielern und haben sie so frenetisch angefeuert, dass der Boden gebebt hat: Schlachtrufe, Gelächter, Sprechchöre, jubelndes Klatschen einer ganzen wilden “Horde” (muss ich schon sagen) bei jedem Punktgewinn, Fäuste wurden geballt, manchmal hat einer vor der ganzen Gruppe ausgelassen getanzt und fast alle haben entweder mitgetanzt oder sind sich in den Armen gelegen, Spieler schrien und feuerten ihr Publikum an - und das alles war ein Riesen-Spaß und -Spektakel mit solch einer Anteilnahme und Wettbewerbscharakter, als sei es eine WM.. Nicht einmal da weiß ich, ob ich sowas schon gesehen habe..!! Und so viele verschiedene Charaktere… Bei einem Fehler des “eigenen” Spielers haben sich übrigens einige vom Publikum immer wieder (irgendwie aus religiösem Ursprung??) zu Boden geworfen.. Und bevor es anfing (und auch zu anderen Gruppen-Anlässen) laufen immer ein paar hier mit großen Hand-Glocken durch den Gang, um alle herauszurufen - es gibt offensichtlich wirklich eine ungeure Zusammengehörigkeit hier im Haus, eine “Wakei-Gemeinde”… Und um 24 Uhr soll es eine gegenseitige Vorstellung zwischen den Exchange-Students und den Japanern hier in unserem Dormitory geben, die ein junger japan. Student machen wird. …

später:

Es war eine kleine Party in einem Zimmer im 2. Stock oben mit ca. 15 Leuten (nur Barret und ich aus dem Westen sind gekommen). Wir saßen mit den jungen Japanern am Boden, aßen Chips und Süßigkeiten und tranken Bier (und Sake). Es war wie bei uns zu Hause. Der Reihe nach musste jeder aufstehen und sich ein bisschen (auf Englisch oder Japanisch) vorstellen, einige haben ein bisschen geblödelt, und alle haben geklatscht und gelacht - es war ein großer Spaß, bis 2 Uhr morgens. Ich habe den Japaner “Duck” kennengelernt - das ist sein Spitzname (der steht ihm gut :-) ) - und viel mit ihm und anderen plaudern können: dieses ausgelassene Gegröle (beim Tischtennis) gebe es nur im Wakeijuku, nicht in ganz Japan, und ebenso das ständige Grüßen bei jeder Begegnung: “only in Wakeijuku”…

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